Rede im Thüringer Landtag am 14.7.2022 zum Thema: Drittes Gesetz zur Änderung der Thüringer Bauordnung – Einführung einer Abstandsregelung von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung
Sehr geehrte Präsidentin, werte Zuschauer und Kollegen,der 1.000-Meter-Abstand kommt. Die Wirkung unseres Gesetzes zur Änderung der Thüringer Bauordnung wird sich genauso entfalten, wie wir es mit unserem Gesetzentwurf vom September 2020 vorgeschlagen haben.
Da wir unsere Position durchgesetzt haben, werden wir sie weiterhin mit Stolz vertreten, während Sie und die AfD eingeknickt sind und hier gegen einen Mindestabstand stimmen wollen, dem Sie im Ausschuss noch zugestimmt haben.
Die Ausgangslage in Thüringen spricht ja sehr dafür, dass der 1.000-Meter-Abstand fachlich gut begründet ist.
Wir finden die Empfehlung eines solchen 1.000-Meter-Abstands im Windenergieerlass des Thüringer Infrastrukturministeriums aus dem Jahr 2016. Die Empfehlung des Erlasses richtet sich an die Träger der Regionalplanung. Die Regionalen Planungsgemeinschaften haben diese Empfehlung in ihre Abwägung einbezogen und entsprechende Mindestabstände von Windenergieanlagen von 1.000 Metern bzw. 1.250 Metern zur Wohnbebauung als weiche Tabuzonen festgelegt. Verordnungen können geändert werden, Raumordnungspläne können beklagt und für nichtig erklärt werden. Deswegen ist es notwendig, dass wir das bewährte System zum Schutz vor einem zu nahen Heranrückender Windkraft an die Wohnbebauung durch eine gesetzliche Regelung ergänzen.
Wir führen daher heute eine zusätzliche gesetzliche Schutzebene ein, die einen neuen Standard in Thüringen definiert. Unser Vorbild ist dabei die 10H-Regel in Bayern gewesen, die sich in unserem Nachbarfreistaat sehr gut bewährt hat. Dies betrifft die Planungspraxis seit ihrer Einführung im Jahr 2014, aber auch die Rechtsprechung, die in zahlreichen Urteilen herausgearbeitet hat, was so ein gesetzlicher Mindestabstandkann und was eben nicht.
In Bayern wird die Privilegierung der Windkraft in einem Abstand der zehnfachen Höhe der zu errichtenden Windräder aufgehoben. Damit ist die Errichtung von Windkraftanlagen innerhalb des 10H-Abstands ohne eine entsprechende Planung nicht zulässig. Gleichzeitig bleibt die Planungskompetenz der Gemeinden erhalten, die in Bayern über ihre Bauleitplanung die Windkraftplanung übernehmen. Artikel 82 Abs. 1 der Bayerischen Bauordnung schränkt also die Privilegierung im unbeplanten Außenbereich ein, aber schreibt keine allgemeingültige Tabuzone fest, die eine entsprechende Planung von Gemeinden verhindern würde. Das hat auch bundesrechtliche Hintergründe, da die Länderöffnungsklausel in § 249 Baugesetzbuch mit dieser Intention konstruiert ist. Die gleiche Länderöffnungsklausel aus § 249 Baugesetzbuch nutzen wir nun auch in Thüringen mit der Neufassung von § 91 Thüringer Bauordnung.
Es gibt dabei zwei wesentliche Unterschiede. Zum einen können wir nur noch einen Mindestabstand von 1.000 Metern festlegen und zum anderen sind in Thüringen die regionalen Planungsgemeinschaften die Stellen, die die Windkraftplanung übernehmen. Der Wirkmechanismus unseres 1.000-Meter-Abstands in Thüringen ist jedoch exakt der gleiche wie die 10H-Regel in Bayern. Das war auch von Anfang an von uns so vorgesehen.
Unser Gesetzentwurf in Drucksache 7/1584 vom September 2020 ähnelt
entsprechend dem Text der Bayerischen Bauordnung. Die Wirkung des
Gesetzes wurde auch über unseren Änderungsantrag in Vorlage 7/2296 aus
Juni 2021 sowie den aktuellen Änderungsantrag von R2G beibehalten. Bei
diesen Änderungen handelt es sich um sprachliche Konkretisierungen, die
den bestehenden Regelungsinhalt transparent beschreiben, aber nicht
verändern. Der 1.000-Meter-Abstand in § 91 Abs. 1 Thüringer Bauordnung
hebt die Privilegierung der Windkraft in einem Abstand von 1.000 Metern
auf. Damit ist die Errichtung von Windkraftanlagen innerhalb des
1.000-Meter-Abstands ohne eine entsprechende Planung nicht zulässig.
Gleichzeitig bleibt der Vorrang der Raumplanung und die
Planungskompetenz der Regionalen Planungsgemeinschaften erhalten, die in
Thüringen die Windkraftplanung übernehmen. Zwei Jahre lang haben wir
für diese gesetzliche Regelung gekämpft, immer sachorientiert und durch
handwerkliche Arbeit am Gesetzestext, immer bemüht, um einen breiten
Konsens in diesem Haus zu erzielen. Wir haben dabei nie populistische
Extrempositionen bezogen, das zeigt sich auch daran, dass in den
ostdeutschen Bundesländern ähnliche Regelungen geschaffen wurden, an
denen die unterschiedlichsten Parteikonstellationen beteiligt waren. Die
sachorientierte Arbeit zeigt sich auch daran, dass es mehrere
Anhörungsverfahren sowohl schriftlich als auch mündlich zu den
unterschiedlichen Verfahrensständen gab.
Der Kollege Malsch hat bereits in seiner Einführung des Gesetzes in der 25. Sitzung im Oktober 2020 betont, dass der 1.000-Meter-Mindestabstand keine harte und pauschale Abstandsregelung darstellt und den Planungsgemeinschaften die Möglichkeit erhalten bleibt, eine eigene Abwägung vorzunehmen. Wir haben in den Stellungnahmen zur ersten Anhörung gespiegelt bekommen, dass nicht für alle Anzuhörenden dieser Regelungsgehalt transparent geworden ist. Gleichzeitig gab es den Wunsch zu Ausnahmen für Kleinwindkraftanlagen und klare Übergangsregelungen. Diese Anregungen aus dem ersten Anhörungsverfahren haben wir als CDU-Fraktion vollumfänglich aufgenommen und im Juni 2021 in einen Änderungsantrag in Vorlage 7/2296 eingearbeitet und vorgelegt. Darin enthalten ist auch die Konkretisierung, dass der Geltungsvorrang der in den in Regionalplänen ausgewiesenen Vorranggebiete weiter gilt. Hierzu gab es eine Stellungnahme des Thüringischen Landkreistags in der Zuschrift 7/1804, die aus den Stellungnahmen heraussticht. Die Lektüre sei jedem angeraten, der an einer klar verständlichen Einordnung unserer Regeln im Planungsrecht interessiert ist. Ich möchte aus dieser Stellungnahme vom März dieses Jahres zitieren: „Wir befürworten daher nochmals mit Nachdruck den [...] vorgelegten Gesetzentwurf, zumal mit den [...] Änderungen den von uns [...] aufgeworfenen Klarstellungsbedarfen vollumfänglich Rechnung getragen wird. Im Besonderen wird [...] das Verhältnis zwischen der in Thüringen bestehenden Steuerung des Windkraftausbaus durch die Regionalplanung [...] und den angedachten Abstandsregelungen der ThürBO eindeutig im Sinne eines Vorrangs bestehender sowie zukünftiger Regionalpläne [...] geklärt."
Daher bitten wir nunmehr mit Nachdruck um eine zeitnahe Verabschiedung des o.g. Gesetzentwurfs in der Form des Änderungsantrags vom 17.06.2021 [...].“ Diese Stellungnahme des Landkreistags wurde einstimmig über alle Parteigrenzen hinweg von den Landräten beschlossen. Das gab den entscheidenden Rückenwind, um unser Gesetzesvorhaben mit Mehrheit im Ausschuss für Infrastruktur, Landwirtschaft und Forsten zu beschließen, um es hier im Plenum erneut zu beraten. Zwischenzeitlich konnten wir auch die Kollegen von Rot-Rot-Grün von dem Vorhaben überzeugen. Der von den regierungstragenden Fraktionen vorgeschlagene Änderungsantrag in Drucksache 7/5949 sieht einige formelle Klarstellungen vor und formuliert erneut eine Konkretisierung zum Vorrang der Raumplanung auch bei der Aufstellung der zukünftigen Regionalpläne und Flächennutzungspläne. Die Formulierung unterstützt dabei die beabsichtigte Wirkung unseres Gesetzentwurfs.
Eine Ergänzung gibt es allerdings: die Brandenburger Regelung, also die Einführung einer Ermächtigung der Landesregierung, den Mindestabstand über eine Verordnung anzupassen, wenn diese zur Umsetzung bundesgesetzlicher Bedarfsvorgaben zu Flächenbeitragswerten der Windenergie im Land erforderlich ist. Der entscheidende Begriff in der Regelung ist der Begriff der Erforderlichkeit. Diese Erforderlichkeit ist gegenüber dem zuständigen Fachausschuss im Thüringer Landtag darzustellen. Dabei gilt eben: Bundesrecht bricht Landesrecht. Das heißt, wenn der Bund es durchsetzen will, dann kann er sich an der Stelle auch durchsetzen.
Zusammenfassend können wir feststellen, dass nach über zwei Jahren
Kampf der Mindestabstand von 1.000 Metern in die Thüringer Bauordnung
kommt.
Der Regelungsgehalt, den wir im September 2020 eingebracht
haben, wird ohne Abstriche umgesetzt. Die zusätzlich eingeführte
Kompromissregelung der Brandenburger Regelung wird keine praktische
Relevanz fürunseren Mindestabstand entwickeln. Ich bitte daher um breite
Zustimmung im Hohen Hause.